Der heimische Naturgarten

Nicole Stirnberg für die Arbeitsgemeinschaft „Blühendes Kehl“

Wichtig bei der Gestaltung des eigenen Naturgartens ist dabei: Nicht alles, was blüht, erfreut auch Insekten, Vögel oder Fledermäuse! Die Bestände von vielen unserer heimischen Tierarten nehmen immer mehr ab – gerade über das Insektensterben wurde in letzter Zeit oft berichtet. Egal ob klein oder groß, unsere heimischen Tiere haben ähnliche Probleme: In unseren aufgeräumten Landschaften und modernen Gärten finden sie kaum noch Lebensräume, in denen sie Nachwuchs aufziehen und ernähren können. Zum Beispiel sind Gartenpflanzen wie der Schmetterlingsflieder (Buddleja davidii) zwar ein attraktiver Nektarspender für viele ausgewachsene Tagfalter, aber keine Futterpflanze für ihre Raupen. Die benötigen nämlich zwingend heimische Kost, zum Beispiel die im Garten eher ungeliebte Brennnessel. 

Erfreulicherweise möchten immer mehr Menschen aktiv werden und hängen z.B. ein Insektenhotel auf oder säen eine Blühmischung aus. Das sind hervorragende erste Schritte, auch wenn man damit oft weniger Insekten erreicht, als man denkt. So legt die Mehrzahl der heimischen Wildbienenarten (darunter auch die meisten Hummeln) ihre Eier im Boden ab – sie können ein Insektenhotel also nicht nutzen. Ähnlich ist es bei vielen Samentütchen für bunte Blumenwiesen: Sie enthalten oft exotische oder züchterisch veränderte Pflanzenarten, die nur den Generalisten unter den Wildbienen sowie den Honigbienen Nahrung bieten. Viele unserer besonders bedrohten Wildbienenarten sind aber Pollen-Spezialisten und können ihre Brut nur mit Pollen ganz bestimmter heimischer Wildpflanzen ernähren. 

Mit „heimischen Wildpflanzen“ sind je nach Definition meist Arten gemeint, die seit der letzten Eiszeit bei uns vorkommen oder im Zuge des Ackerbaus entstanden sind. Als Neophyten, also pflanzliche ‚Neubürger‘, gelten dagegen der Einfachheit halber alle Gewächse, die später als 1492 nach Europa kamen, denn mit Christoph Columbus begann der weltweite Austausch von Pflanzen. Viele Pflanzen aus Süd- und Südost-Europa wie Bartblume, Spornblume oder Lavendel kommen gut mit den im Zuge des Klimawandels immer heißeren und trockeneren Sommern zurecht und sind oft auch attraktiv für Wildbienen und andere Insekten.

Dagegen sind viele Blütenpflanzen, die seit Jahrzehnten unsere Balkone und Gärten schmücken wie Geranien, Hortensien oder Forsythien leider wertlos für alle pollen- und nektarsammelnden Insekten. Diese Pflanzen sind nämlich sterile Zuchtformen, sie enthalten also weder Nektar noch Pollen. Und gefüllte Blüten, z.B. bei Dahlien oder Rosen, weisen oft nur sehr wenig Pollen auf, der noch dazu durch die zahlreichen Blütenblätter für Insekten kaum zugänglich ist. Beobachten Sie doch mal an einem sonnigen Tag in Ihrem Garten, welche Blüten von Bienen und anderen Insekten besucht werden! Oft stellt man fest, dass zum Beispiel die Lieblingsblume der Hummel nicht unbedingt die farbenprächtigste im Garten ist.

Machen Sie mit, damit es in Ihrem Garten summt und brummt! Eine Auswahl geeigneter Pflanzen findet sich in der BMEL-Broschüre „Bienenfreundliche Pflanzen“ (siehe unten) sowie demnächst in einer Pflanzliste, welche die AG „Blühendes Kehl“ gemeinsam mit der Umweltabteilung und dem Betriebshof der Stadt Kehl erarbeitet. Auch die unten aufgeführten Internetseiten und Bücher enthalten interessante Hinweise.

Natürlich geht es dabei nicht nur um einen ökologischen Nutzen für Insekten, sondern auch für Spinnen, Eidechsen, Vögel oder Igel. Neben der richtigen Pflanzenauswahl ist vor allem Strukturreichtum wichtig, um den Tieren nicht nur Nahrung, sondern auch Lebensraum zu bieten. Diesen finden sie in Bäumen und Gebüsch, lockeren Steinhaufen, stehendem oder liegendem Totholz, Sandflächen, kleinen Teichen usw. Je vielfältiger die Strukturen sind, desto mehr und desto unterschiedlichere Tierarten kann ein Garten beherbergen.

Die AG „Blühendes Kehl“ unterstützt Sie gerne bei der naturnahen und gleichzeitig pflegeleichten Gestaltung Ihres Gartens und Balkons! Zum Beispiel können wir gemeinsam mit Ihnen in Ihrem Garten überlegen, wie dieser auf einfache Weise so gestaltet werden könnte, dass Mensch, Tier und Pflanzen sich dort wohlfühlen. Wenden Sie sich gerne über naturgarten.kehl@web.de an uns, wenn Sie Fragen haben oder Beratung brauchen.  Weitere Informationen finden Sie auch auf den Internetseiten des NABU Kehl (www.nabu-kehl.de) und der BI Umweltschutz Kehl (www.bi-umweltschutz-kehl.de), die das „Blühende Kehl“ als Initiative tragen. Wir freuen uns auf interessante Begegnungen und blühende Gärten in Neumühl und ganz Kehl im Jahr 2021!


Weitere Informationen über naturnahe Gartengestaltung:

Elke Schwarzer: Mein Bienengarten. Bunte Bienenweiden für Hummeln, Honig- und Wildbienen. Ulmer Verlag 2017.
Simone Kern: Mein Garten summt! Ein Platz für Bienen, Schmetterlinge und Hummeln. Kosmos Verlag 2017.
Simone Kern: Der antiautoritäre Garten. Gärten, die sich selbst gestalten. Kosmos Verlag 2019.
Dave Goulson: Wildlife Gardening. Die Kunst, im eigenen Garten die Welt zu retten. Hanser Verlag 2019.


Titelbilder von Eva Herzhauser, Klara Oertel, Helga Schmidt und Nicole Stirnberg